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Der Betriebsrat als Motor betrieblicher Weiterbildung

 

© Robert Kneschke - Fotolia.comWer die einhundertjährige und stetige Entwicklung der Mitbestimmung in Unternehmen und Betrieben verfolgt, wird die Erkenntnis gewinnen, dass schon allein die Existenz eines Betriebsrates, die Maßnahmen und Aktivitäten zur innerbetrieblichen Weiterbildung vorantreibt.
Wenn sich in der Vergangenheit die traditionellen Betriebsratsthemen auf den Feldern der Arbeitsbedingungen und der Einkommens- und Arbeitsplatzsicherheit bewegten, dann haben sich in jüngster Zeit neue Themen wie Integration von Ausländern und Migranten respektive die Inklusion von Schwerbehinderten (Infos dazu gibt es hier), sowie der Datenschutz am Arbeitsplatz, dazugesellt. Oberflächlich betrachtet werden diese zeitgemäßen und wichtigen Themen betrieblicher Weiterbildung von den Arbeitgebern und den Betriebsräten gleichermaßen wenig kontrovers gesehen. Wenn es aber um die Definierung der Ziele geht, denken beide Betriebsparteien nicht immer kongruent. Für die Geschäftsleitungen hat die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen oberste Priorität. Das Wort ’Weiterbildung’ hat für sie fast ausschließlich den Charakter, fachliche Qualifikationen für ihren eigenen Vorteil zu nutzen. Die Arbeitnehmerseite hingegen verbindet Weiterbildung mit Solidität und Einkommenssicherheit inklusive der Perspektive einer beruflichen Weiterentwicklung. Leider bergen lohnende Investitionsentscheidungen zur Weiterbildung auch Gefahren. Nämlich die, dass nur bestimmte Belegschaftsgruppen von einer Weiterbildung profitieren. Während zum Beispiel Teilzeitbeschäftigte, gering Qualifizierte oder ältere Mitarbeiter von einem Weiterbildungsangebot unberücksichtigt bleiben. Spätestens an diesem Punkt werden Betriebsräte und Unternehmensleitungen ihre unterschiedlichen Sichtweisen nicht mehr leugnen können.

Das Betriebsverfassungsgesetz mahnt zur Gemeinsamkeit

Leider sind im Gegensatz zur Berufsausbildung nur wenige Teilbereiche der beruflichen Weiterbildung gesetzlich verbrieft. Da das Angebot betrieblicher Weiterbildung letztlich nur vom Arbeitgeber ausgehen kann mischt sich das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dennoch ein - man möchte fast sagen: durch die gesetzliche Hintertür - und verpflichtet beide Betriebsparteien einen gemeinsamen Weg zu beschreiten. Die Konsensanmahnung des Gesetzgebers zielt explizit auf die Belange von Teilzeitbeschäftigten, älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sowie Berufstätige mit Familie. Das weite Feld betrieblicher Weiterbildung wird durch immer mehr hinzukommende Bereiche erweitert. Neuerliche Qualifizierungsmaßnahmen berühren die Segmente Anwendersoftware, E-Learning, Qualitätszirkel bis hin zu Coaching-Angebote für Führungskompetenz in überregionalen Unternehmen, wie unter anderen folgender Artikel zeigt. Bietet der Arbeitgeber eine betriebliche Weiterbildung an, sitzt der Betriebsrat automatisch mit am Tisch und bestimmt mit über Methodik und Inhalt. Das betrifft auch die Fragen von Prüfungsverfahren und Leistungskontrolle. In diesem Stadium hat der Betriebsrat die Möglichkeit auch präventiv tätig zu werden, um zum Beispiel den betrieblichen Weiterbildungsbedarf von der Geschäftsleitung ermitteln zu lassen und um danach diesbezüglich konsensorientierte Gespräche mit dem Arbeitgeber führen zu können. Die Ausstaffierung gestalterischer Beteiligungsrechte von Betriebsräten werden aber immer noch zu wenig genutzt. Zum Teil auch deswegen, weil andere wichtige Themen dringender eine Zuwendung bedürfen. Wie Sozialpläne zum Personalabbau oder Arbeitsplatzsicherheit und Gesundheitsschutz. Zum Themenkreis erschwerter Betriebsratsinitiativen zur betrieblichen Weiterbildung zählen auch so wesentliche Punkte wie Unwissenheit und fehlende Zuständigkeit. Aber auch besondere Arbeitssituationen wie Arbeitsdruck und Schichtarbeit erschweren die Eigeninitiative mancher Betriebsräte merklich. Mut machen dagegen Beispiele, die durch Inanspruchnahme externer Beratungsnetzwerke gemeinsam mit der Geschäftsleitung Programme zur Weiterbildungsförderung erarbeiten. Schlecht wäre es aber auch, wenn ein vordergründig konfliktfreies Handlungsfeld eigene Aktivitäten des Betriebsratsmanagements in Sachen innerbetriebliche Weiterbildung lähme.

Erklärungen zum Verständnis betrieblicher Mitbestimmung

Es steht außer Frage, dass Betriebe, in denen ein gewählter Betriebsrat installiert wurde, nachweislich weiterbildungsaktiver sind. Unabhängig vom Engagement der Interessenvertretung. Unternehmen, in denen sich Beschäftigte über einen Betriebsrat bemerkbar machen können, schaffen, ob gewollt, oder ungewollt, eine latente Arbeitszufriedenheit mit der Folge, dass die Mitarbeiter motivierter und produktiver ihre Arbeit gestalten und somit die Personalfluktuation spürbar abnimmt. Stichwort ’Betriebsbindung’. Je mehr sich Fachkräfte mit dem Unternehmen identifizieren, umso größer ist die Chance, dass der Arbeitgeber in die Weiterbildung seiner Mitarbeiter investiert. Im Umkehrschluss heißt das: Ein berechenbares und stabiles Beschäftigungsverhältnis gibt dem Mitarbeiter mehr Anreiz zur Teilnahme an betrieblichen Weiterbildungsprogrammen. Wenn diese Sichtweise stimmt, kann auch ohne unmittelbare Initiative und Beteiligung eines Betriebsrates eine betriebliche Weiterbildung implantiert werden. Die Arbeit des Betriebsrates könnte sich dann auf traditionelle Mitbestimmungsfelder, sowie auf sozialpolitische innerbetriebliche Entscheidungen fokussieren. Es wäre blauäugig zu glauben, das sei die Realität. Obwohl in den letzten zehn Jahren die Themen Personalentwicklung und betriebliche Weiterbildung mehr und mehr auf tariflicher Ebene geregelt sind, ist es Aufgabe des Betriebsrates diese Regelungen vor Ort mit Leben zu erfüllen und auszugestalten. Das geht nur in enger Kooperation mit der Unternehmensleitung. In großen Betrieben sind es die Verantwortlichen für Bildung. Weil diese aber nicht selten mit Einschränkungen ihrer Geschäftsleitung belegt sind, obliegt es einem klugen Betriebrat, inwieweit er eine Initiative zu einer Bündniskonstellation vorantreibt.

Das Interesse des Arbeitgebers, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Fortbildung zu gewähren, hängt auch von der konsensbereiten, aber auch taktisch klugen Vorgehensweise des Betriebsrates ab. Dass Stärke nur miteinander zu erreichen ist, wird gerade dann deutlich, wenn zwei Parteien am selben Strick ziehen müssen. Aber dann bitte in die gleiche Richtung!

Bildquelle: © Robert Kneschke - Fotolia.com

 

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